Solidarität mit St. Josef

Der Linnicher Stadtrat hat mit Bestürzung die Schließung von St. Josef zur Kenntnis genommen. In einer Erklärung stellen wir Transparenz über das Verfahren her und ein setzen ein klares Zeichen für den Medizinstandort Linnich

Die Erklärung wurde von den Fraktionen FDP, SPD, UWG PKL und GRÜNE getragen. „Die CDU-Fraktion nutzte leider die Gelegenheit, um den politischen Konsens in Sachen Krankenhausrettung aufzukündigen und für Angriffe gegen die Bürgermeisterin zu nutzen. Dieses Thema, das ein entscheidendes Thema für unsere Heimatstadt ist, eignet sich besonders schlecht für politische Geländegewinne. Diese Aktion war nicht gut für Linnich und qualifiziert sicherlich nicht für höhere Aufgaben. Geschlossenheit war und ist unsere Stärke. Wir Freie Demokraten werden uns auch weiter in einem konstruktiven Dialog für den Medizinstandort Linnich einsetzen“, erklärt unser Fraktionsvorsitzender Patrick L. Schunn.

Im Folgenden geben wir die mit breiter Mehrheit beschlossene Erklärung wieder:

„Wir sind bestürzt über die Schließung des Linnicher Krankenhauses. Alle objektiven Fakten, die wirtschaftlichen Voraussetzungen und  die intakte Infrastruktur haben für einen Erhalt der Linnicher Einrichtung gesprochen.

Die Linnicher Politik hat sich stets intensiv für den Erhalt des Krankenhauses eingesetzt und ist in den Beschlüssen bis an die Grenze des Machbaren  und darüber hinaus gegangen.

Dem zu Grunde lagen mindestens 11 interfraktionelle Gespräche und viele Gespräche mit dem Bevollmächtigten im Insolvenzverfahren, Dr. Boddenberg.

Am 19. Januar 2023 hat Dr. Boddenberg der Stadt Linnich ein Angebot gemacht, nachdem das Linnicher Krankenhaus in einer gemeinsamen Gesellschaft von Mitarbeitergesellschaft und dem Minderheitsgesellschafter Stadt Linnich weiterbetrieben werden sollte. Dieses Konzept hat er am 25.01.2023 vor allen Mitgliedern des Rates in einer Informationsveranstaltung erläutert und bestätigt.

Daraufhin hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 26.01.2023 in Anwesenheit von Dr. Boddenberg einen einstimmigen Beschluss zur Annahme des Angebotes gefasst.

Dr. Boddenberg hat daraufhin der Stadt mitgeteilt, dass er „die Gespräche zur Beteiligung der Stadt Linnich an einer zu gründenden Auffanggesellschaft gerne kurzfristig fortsetzen“ möchte.

Wie wir heute wissen, hat es zu der Gründung einer Beteiligungsgesellschaft der MitarbeiterInnen wohl gar keine Informationen oder gar Zustimmung seitens der MitarbeiterInnen gegeben.

Zu dem konkretisierenden Gespräch ist es dann leider nicht mehr gekommen.

Vielmehr hat Dr. Boddenberg sein mehrfach mündlich dargelegtes Angebot, zuletzt in der Informationsveranstaltung mit allen Ratsmitgliedern am 25. Januar 2023, das darauf hinauslief, die Stadt mit einem Minderheitenanteil an einer gemeinsamen Betriebsgesellschaft für das Linnicher Krankenhaus zu beteiligen, am 08.02.2023 zurückgezogen.

Die Fraktionsvorsitzenden haben daraufhin Dr. Boddenberg u.a. folgendes mitgeteilt: „Wir sind nach wie vor gemeinsam davon überzeugt, dass sich das Linnicher Krankenhaus im Gegensatz zu dem Alternativstandort wirtschaftlich betreiben lässt und stehen zu dem oben genannten Beschluss.

Leider haben Sie am letzten Donnerstag mit ihren Ausführungen dem bisherigen Gesprächsergebnis und damit auch der Beschlussfassung des Stadtrates die Grundlage entzogen. Das bedauern wir.

Die Fraktionsvorsitzenden sind am heutigen Tag über diesen Sachverhalt und ihrer Bitte zu einem weiteren Gespräch informiert worden. Der Bitte zu einem weiteren Gespräch kommen wir gerne nach.

Vor dem Hintergrund des bisherigen Ablaufes der Angelegenheit kommt aus der Politik der deutliche Wunsch, vorab schriftliche Unterlagen zu erhalten.  Wir bitten daher darum, dass Sie uns vor einem nächsten Gesprächstermin ein entsprechendes schriftliches Angebot mit finanziellen und organisatorischen Schritten vorlegen.“

Erst am 15. Februar 2023 hat Dr. Boddenberg sein Konzept der Linnicher Politik vorgelegt und die Möglichkeit geschaffen, eine externe Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Krankenhauses vornehmen zu lassen. In diesem Konzept war erstmalig schwarz auf weiß die Forderung zu lesen, dass die Stadt Linnich als Alleingesellschafter das Haus übernehmen sollte.

Nachvollziehbare Unterlagen lagen weiterhin nicht vor. Trotzdem ist die Situation in intensiven Treffen der Fraktionsvorsitzenden (z.B. an Altweiber oder am Veilchendienstag) weiter beraten worden. In einem Gespräch mit Dr. Boddenberg am 21.02.2023 ist von allen Fraktionsvorsitzenden unmissverständlich erklärt worden, dass eine Entscheidung ohne die Fraktionen und einer ordentlichen Ratssitzung nicht getroffen werden kann.

Gleichzeitig hat die Stadt mit Zustimmung der Fraktionsvorsitzenden auf eigene Kosten sofort ein Due-Diligence-Verfahren durch eine auf Kliniksanierungen spezialisierte Fachfirma eingeleitet, um die nunmehr vorliegenden wirtschaftlichen Unterlagen des Krankenhauses zu prüfen. Ein Verfahren, das eine klare Übernahmeabsicht ausdrückt. Diese Prüfung hat schon kurzfristig einen ersten Erfolg, indem die wirtschaftlichen Grundlagen des Konzeptes von Dr. Boddenberg zu Gunsten der Stadt Linnich in Frage gestellt wurden. Für die Stadt Linnich hätte das eine Verbesserung der Situation von rund 4 Mio. Euro und damit eine völlig neue Bewertungsgrundlage dargestellt. Dass die Frage danach aufkommt, warum die Fachleute im Insolvenzverfahren dies nicht kommuniziert haben, darf nicht verwundern, ebenso wenig, dass Herr Dr. Boddenberg nach Vorlage des Prüfergebnisses keinen Gesprächsbedarf mehr sah.

Den Zugriff auf den entsprechenden Datenraum um die wirtschaftliche Prüfung  fortzuführen, obwohl das zu Kosten Stadt ging, hat er der Stadt bzw. dem beauftragten Büro danach ebenfalls gesperrt.

Seit heute liegen weitere Informationen des von der Stadt beauftragten Fachbüros vor. Dabei ist deutlich geworden, dass das bisher von Dr. Boddenberg als Entscheidungsgrundlage in Form einer Power Point Präsentation vorgelegte Zahlenwerk in einigen wesentlichen Punkten doch mehr Risiken beinhalten könnte als bisher bekannt. Die Konzeption zur Übernahme der Leistungen vom einem zum anderen Standort erscheint mit Annahmen versehen zu sein, die mit entsprechenden Erfahrungswerten nicht deckungsgleich sind. Damit dürfte nach überschlägiger Beurteilung davon auszugehen sein, dass das finanzielle Risiko deutlich höher einzuschätzen ist als bisher in allen Präsentationen dargelegt.

Dennoch bestand und besteht die Möglichkeit, aus der aktuellen Krise für die Gesundheitsversorgung in der Stadt Linnich eine Chance zu entwickeln.

Die Kommunikation mit den Medien durch die Insolvenzseite war dagegen von deutlich stärkerer Transparenz geprägt. So war am Karnevalssamstag aus der Lokalpresse zu erfahren, dass die Jülicher Liegenschaft mit einer Grundschuld in Millionenhöhe belastet ist. Beim Erhalt des Linnicher Standortes und Verkauf der Jülicher Liegenschaft, ist anzunehmen, dass sich die Verteilungsmasse für die Gläubiger deutlich verringert hätte. Dies dürfte sicherlich maßgeblich zu der Standortentscheidung beigetragen haben.

Am 23. Februar 2023 wurde entschieden, dass Linnicher Krankenhaus zu schließen, noch bevor die am 15.02.2023  eingeräumte 10-Tagesfrist abgelaufen war. Der Stadt Linnich war damit eine faire Chance zur Prüfung der Übernahme und Risikobewertung nicht gegeben. Vielmehr ist zum wiederholten Mal versucht worden, politische Entscheidungen durch zeitlichen Druck zu manipulieren.

Die Stadt Linnich hat aus heutiger Sicht niemals eine faire Chance gehabt, das Linnicher Krankenhaus zu erhalten.

Wir wissen, dass der Ursprung der Misere nicht das Insolvenzfahren ist. Aus unserer Sicht ist nicht unabsichtlich eine Situation geschaffen worden, die die Krankenhauslandschaft im Nordkreis in den Abgrund geführt hat. Letzte, wahrscheinlich auch nicht unabsichtlich herbeigeführte, Maßnahme war die Zusammenlegung der gesunden Linnicher Klinik mit dem Jülicher Krankenhaus. Wie wir, leider auch erst jetzt, den einen oder anderen Beiträgen in der Tagespresse entnehmen können, waren ehemalige GeschäftsführerInnen und Gesellschafter eigentlich gar nicht am Erhalt und der Modernisierung interessiert.

Trotzdem bleibt das ungute Gefühl, dass im Verlaufe des Insolvenzverfahrens nie die Absicht bestanden hat, dass Linnicher Krankenhaus zu erhalten.

Die Linnicher Politik wollte bis an die Grenze des Belastbaren für unsere Stadt, den Mitarbeitern des Krankenhauses und der Bevölkerung  gehen und hat entsprechende  Beschlüsse gefasst.

Wir bedauern die Entwicklung, müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Stadt Linnich im Verfahren nie direkt Beteiligter war und daher die direkte Einflussnahme begrenzt ist.

Trotzdem werden wir uns weiter bemühen, eine attraktive Gesundheitsversorgung zu erhalten.“