Neujahrsempfang 2023: Linnich braucht wieder Mut

Patrick L. Schunn und Franziska Brandmann
v.l.n.r.: Patrick L. Schunn (FDP-Linnich), Franziska Brandmann (JuLi-Bundesvorsitzende)

Hinter uns liegen fast drei Jahre Pandemie, die Rückkehr des Krieges nach Europa und eine Inflation, in einer Größenordnung, die die meisten von uns noch nicht erlebt haben. 
  
Im Kreis Düren und in Linnich sind die Folgen des Hochwassers 2021 noch nicht behoben, der Strukturwandel aufgrund des Kohleausstiegs rückt schneller näher und die Zukunft der Krankenhauslandschaft ist weiter offen. 
 
Leerstand, Verkehrskollaps, schleppende Digitalisierung, mangelnder Wohnraum, stockender Hochwasserschutz, steigende finanzielle Verpflichtungen, zwei fehlende Brücken… 
Die Liste der Herausforderungen und Aufgaben, die unsere Heimatstadt zu bewältigen hat, ließe sich problemlos fortsetzen. 
  
Ralf Dahrendorf hat vor genau 40 Jahren ein Buch mit dem Titel „Die Chancen der Krise. Über die Zukunft des Liberalismus.“ verfasst. Das Buch ist lesenswert (auch wenn die Herausforderungen heute teilweise andere sind). Mich fasziniert aber vielmehr der Titel, weil er immer noch aktuell ist. Er beschreibt sehr gut, was wir brauchen: Eine neue Zuversicht. 
  
Wir leben seit Jahren in einem Krisenmodus und versuchen die Krisen zu managen. Wir müssen endlich wieder die Chancen, die selbst in den größten Krisen liegen, erkennen und nutzen. 
  
Das gilt international, europäisch, national und auch kommunal. Linnich braucht mehr Tempo – nicht auf den Straßen, aber im Denken und Handeln. Linnich hat sich in den letzten Jahren kleingemacht und wird auch genauso von seinen Nachbarn und vom Kreis behandelt. 

Linnich ist aber immer noch die drittgrößte Stadt im Kreis. Linnich verfügt über einen der größten Arbeitgeber der Region. Linnich hat (noch) ein vielfältiges Angebot an Handwerksbetrieben und Mittelständlern.   
  
Linnich braucht wieder Mut. Mut groß zu denken. Mut, die eigenen Interessen zu formulieren und zu vertreten. Linnich ist einer der größten Umlagenzahler im Kreisgebiet. Dieses Gewicht darf man ruhig in die Waagschale werfen. Wir müssen endlich den Standort Linnich besser vermarkten. Wir stehen im Wettbewerb mit unseren Nachbarn. Niemand wird uns aus reinster Nächstenliebe den Sitz eines Unternehmens oder des Krankenhauses überlassen. 
  
Wir müssen den Strukturwandel auch als Chance begreifen. Als Chance uns neu zu erfinden, als Chance neue innovative Unternehmen anzusiedeln, als Chance Wachstum und Klimaschutz zusammenzubringen und damit zum Vorbild in der Welt zu werden. 
    
Dahrendorf schrieb nicht nur über die Chancen der Krise, sondern auch „Über die Zukunft des Liberalismus.“ Der Liberalismus ist, anders als z.B. der Sozialismus, kein Dogmatismus. Der Liberalismus muss stets neu definieren, wie Freiheit und Fortschritt in einer sich verändernden Welt erhalten und ausbreiten kann. Das ist auch Chance und Krise zugleich. 

Kritisch wird es, wenn sich der organisierte Liberalismus nicht verändert und sich aufs Bewahren beschränkt. Eine Chance kann es sein, weil er auf neue Herausforderungen neue Antworten finden muss. Neue Antworten auf neue Herausforderungen zu finden, das sind die ‚Chancen in der Krise‘. 
  
Es sind liberale Antworten, die unsere Stadt, unser Kreis, unser Land, braucht – und es ist unsere Aufgabe als Liberale diese Antwort zu entwickeln. Blicken wir zuversichtlich in das neue Jahr. Nutzen wir die Chancen bestehender und kommender Krisen.